Ikonen der Frauenlaufbewegung – Teil 1
Was heute selbstverständlich wirkt, war es lange nicht: Frauen, die an Laufveranstaltungen teilnehmen, mussten einst viele Hürden überwinden. Zum 40. Jubiläum des VITAMIN WELL Frauenlauf Berlin am 17. Mai blicken wir zurück auf diese Entwicklung – und würdigen die Stärke und den Pioniergeist jener Frauen, die dafür gekämpft haben. Einige dieser beeindruckenden Vorbilder möchten wir euch hier näherbringen.
Kathrine Switzer (USA/*1947) sorgte 1967 für weltweite Aufmerksamkeit
Kathrine Switzer 1967, als versucht wurde, sie aus dem Rennen zu holen. © unbekannt
Kathrine Switzer war die erste Frau, die 1967 offiziell mit einer Startnummer (261) am Boston-Marathon teilnahm. Während des Rennens wurde sie vom Rennleiter attackiert, was weltweit für Aufsehen sorgte. Sie lief dennoch weiter und beendete das Rennen. Die US-Amerikanerin engagierte sich fortan für die Gleichstellung von Frauen im Laufsport und trug maßgeblich dazu bei, dass der Frauenmarathon 1984 ins olympische Programm aufgenommen wurde. Gemeinsam mit Horst Milde initiierte sie im selben Jahr den ersten Frauenlauf in Berlin.
„If you are losing faith in human nature, go out and watch a marathon.“
Switzer ist Mitbegründerin des weltweiten Frauenlaufnetzwerks 261 Fearless, das in 14 Ländern Lauf- und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen bietet.1974 gewann sie den New York City Marathon und nahm 2011 am BERLIN-MARATHON teil.
Roberta Louise „Bobbi“ Gibb (USA/*1942)
"Ich lief den Marathon aus Liebe. Aus Liebe zum Laufen.”
Bobbi Gibb war 1966 die erste Frau, die den Boston-Marathon absolvierte – allerdings ohne offizielle Startnummer. Ihre Teilnahme gilt als Meilenstein im Frauen-Langstreckenlauf. Obwohl Frauen erst ab 1972 offiziell zugelassen wurden, wird Gibb heute als inoffizielle Siegerin der Jahre 1966, 1967 und 1968 anerkannt. Sie ist ausgebildete Bildhauerin und promovierte Neurowissenschaftlerin.
Christa Vahlensieck (GER/*1949) – deutsche Leitfigur
„Die Kinder waren erst dagegen, dass ich da was für mich aufbaue. Aber beim Laufen bin ich frei, das entspannt mich von der Familie.“
Christa Vahlensieck 1997 in Berlin. © Sportmuseum Berlin
Christa Vahlensieck gilt als zentrale Figur der frühen Phase des bundesdeutschen Frauenmarathons. 1973 gewann sie den ersten ausschließlich für Frauen ausgerichteten Marathon in Waldniel. Zwei Jahre später wurde sie die erste Marathonmeisterin der Bundesrepublik Deutschland – es folgten insgesamt 18 nationale Meistertitel. Ebenfalls 1975 stellte sie mit einer Zeit von 2:40:16 Stunden einen neuen Marathon-Weltrekord auf, den sie 1977 beim BERLIN-MARATHON mit 2:34:48 Stunden erneut verbesserte. Im selben Jahr lief sie zudem Weltrekorde im Stundenlauf, über 10.000 und 20.000 Meter sowie im 25-km-Straßenlauf. Zwischen 1973 und 1989 gewann sie insgesamt 21 Marathonläufe.
Grete Waitz (NOR/*1953)
„Some people feel 'transformed' from the first day they begin running; others feel that it's just plain hard work. Most of us realize it is both.“
Frauenlaufpionierin Grete Waitz aus Norwegen. © SCC EVENTS
Die norwegische Langstreckenläuferin Grete Waitz prägte den Frauenmarathon wie keine andere. Bevor sie auf die Marathondistanz wechselte, war sie bereits ein Star auf der Bahn – unter anderem mit einem Weltrekord über 3.000 Meter im Jahr 1976 – und im Crosslauf. Zwischen 1978 und 1983 brach sie viermal den Marathon-Weltrekord und erzielte eine persönliche Bestzeit von 2:25:28 Stunden. Sie gewann die erste Frauenmarathon-Weltmeisterschaft 1983 in Helsinki und holte Silber beim ersten olympischen Frauenmarathon 1984 in Los Angeles. Mit neun Siegen beim New-York-Marathon ist sie bis heute Rekordsiegerin. Die frühere Lehrerin verlor 2011 ihren Kampf gegen den Krebs.
Joan Benoit Samuelson (USA/*1957) – die erste Olympiasiegerin im Marathon
„As every runner knows, running is about more than just putting one foot in front of the other; it is about our lifestyle and who we are.“
Joan Benoit-Samuelson und Kathrine Switzer. © Edith Zuschmann
Joan Benoit Samuelson schrieb Geschichte als erste Olympiasiegerin im Frauenmarathon – bei den Spielen 1984 in Los Angeles. Während ihrer Profikarriere gewann sie renommierte Rennen wie den Boston- und den Chicago-Marathon. 1982 stellte sie mit 2:26:12 Stunden einen neuen Marathon-Weltrekord auf. Ihre persönliche Bestzeit von 2:21:21 Stunden aus dem Jahr 1985 blieb 18 Jahre lang unübertroffen. Auch Jahrzehnte später beeindruckte sie: 2019 nahm sie am BMW BERLIN-MARATHON teil und belegte in der Altersklasse W60 mit einer Zeit von 3:02:21 Stunden den zweiten Platz.
Charlotte Teske (GER/*1949) – Siegerin der Erstausgabe des VITAMIN WELL Frauenlauf Berlin
Die 1949 geborene Langstreckenläuferin aus Frankfurt-Sachsenhausen gilt als eine der Pionierinnen des deutschen Frauenmarathons. 1982 stellte sie beim Marathon in Miami mit 2:29:02 Stunden eine neue Weltbestzeit auf und durchbrach damit als erste Frau die 2:30-Stunden-Marke – offizielle Weltrekorde im Frauenmarathon gab es damals noch nicht. Im selben Jahr gewann sie den Boston-Marathon in beeindruckenden 2:29:33 Stunden. 1986 folgte ein Streckenrekord beim BERLIN-MARATHON mit einer Zeit von 2:32:10 Stunden. Beim ersten olympischen Frauenmarathon 1984 in Los Angeles belegte Teske den 16. Platz. Insgesamt errang sie 14 deutsche Meistertitel – im Crosslauf, auf der Bahn und auf der Straße. Sie war 1984 auch bei der Erstausgabe des VITAMIN WELL Frauenlauf Berlin am Start und kam als Erste über die Ziellinie.